Zona Cafetera – gigantische Palmen und eisige Berge

Kolumbien
Über endlose Serpentinen windet sich der Bus durch die Regenwaldberge. Die Landschaft auf der Strecke zwischen Ibagué und Armenia ist spektakulär: neben uns fällt das Tal steil hunderte Meter hinab, der wilde Dschungel auf der gegenüberliegenden Bergseite wird von Plantagen und Kuhweiden unterbrochen. Immer wieder regnet es, wir passieren gewaltige Brücken und sehen noch gewaltigere im Bau. Der Verkehr ist dicht und da viele Lkw unterwegs sind, kommen wir häufig nur im Schritttempo voran. Das Umsteigen klappt reibungslos. Busse sind in Kolumbien generell komfortabel, günstig und fahren sehr regelmäßig, allerdings ist die Dauer ziemlich unkalkulierbar. So ist es schon dunkel, als wir nach gut zehn Stunden Busfahrt und 250 Kilometern unser Ziel Salento erreichen. Im Nachhinein haben wir gelesen, dass man in dieser Gegend während der Regenzeit längere Busfahrt vermeiden sollte, da die Gefahr von Erdrutschen besteht. Ist ja nochmal gut gegangen.


Im Hostal La Eliana bekommen wir einen Rabatt und zahlen nur 15 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer mit bequemem Bett, nächtlicher Stille und warmer Regendusche bei angenehmem Klima – und damit noch weniger als uns das Volunteering im Varsana Eco Village unter rauen Bedingungen gekostet hat. Im angegliederten Restaurant essen wir leckere Veggie-Curries mit hausgebackenem Naanbrot und Lulo-Saft. Wie wir feststellen, gibt es überall in Salento vegetarische Curries und Bowls speziell für die Backpacker, wohingegen die kolumbianische Küche sehr fleischorientiert ist. Wir sind noch etwas außer Puste von den vielen Treppen, als wir den Alto de la Cruz erreichen. Von hier aus sehen wir Salento aus der Vogelperspektive, haben einen tollen Rundumblick auf die bewaldeten Berge und hören einen Fluss im nahegelegenen Valle de Cocora rauschen.


Ins Valle de Cocora gelangen wir per Jeep-Shuttle – Anna drinnen sitzend, Max draußen stehend. TÜV-geprüft ist das Setup zwar nicht, aber von den Stehplätzen ist die Aussicht am besten. Der Sendero Las Palmas führt uns steil bergauf, vorbei an saftigen Wiesen, auf denen Pferde und Kühe grasen und beeindruckende Quindio-Wachspalmen thronen. Diese ragen bis zu 60 Meter in den Himmel und sind die höchste Palmenart der Welt. Dann geht es durch Regen- und Nebelwälder, die ihren Namen alle Ehre machen, auf 2.800 Meter hinauf zur Finca La Montaña.


Über schlammige Pfade und Bachläufe rutschen wir talwärts, bis wir uns in der Reserva Natural Acaime mit einer heißen Schoki und Guaven stärken können. Kolibris summen scharenweise durch die Luft und naschen an Blüten und Zuckerwasser-Tränken. Entlang eines Flusses steigen wir ins Tal hinab über mehrere sehr wackelige, rustikale Hängebrücken. Das Wetter ist so vielseitig wie die Landschaft um den Sendero - morgens Nebel, mittags Regen, nachmittags Sonne - und so präsentieren sich die Wachspalmen zum Abschluss nochmal bei strahlendem Sonnenschein.


Manizales wirkt riesig: mitten in die Berge gebaut hat die Stadt beachtlich steile Straßen, große Höhendifferenzen und gleich mehrere Seilbahnen. Dabei ist Manizales mit 400.000 Einwohnern für kolumbianische Verhältnisse eine kleine Stadt. Die Fensterscheibe des Aufenthaltsraums im Mountain Hostel hat ein paar Löcher, die verdächtig nach Schusslöchern aussehen. Immerhin von innen. Da wir unweit eines belebten Stadtkerns wohnen, sind wir abends noch zu Fuß unterwegs. Als in den Straßen einige etwas suspekte Gestalten herumlungern, sind wir froh, unsere Regenschirme dabei zu haben. Im Restaurant Rushi hat uns vorher nämlich jemand gefragt, ob wir eine besondere Sportart betreiben würden (mit unseren eingepackten Trekking-Schirmen, die wir über die Schulter tragen). Kann ja nicht schaden, wenn dieser Eindruck entsteht. Jedenfalls sind wir wieder heil im Hostel mit der Schussloch-Scheibe angekommen.


“Fenster auf, Jacken aus” heißt das Akklimatisierungskommando unseres Fahrers. Unser Ziel ist der Parque Nacional Natural Los Nevados und so geht es von 2.200 Metern Höhe hinauf auf 4.450 Meter. Dabei passieren wir vier Ökosysteme: Nebelwald und drei Ebenen von Páramo (Moor). Das Páramo speichert enorme Wassermengen in Mosen, dem Boden und in blühenden Frailejones (Schopfrosetten), die pro Jahr nur einen Zentimeter wachsen. Die Pflanzen hier können das sechsfache ihres Gewichts an Wasser speichern. Weltweit gibt es diese Hochmoore nur in Lateinamerika auf Höhen zwischen 3.000 und 5.000 Metern und ein Großteil ihrer Landfläche liegt in Kolumbien. In Manizales war es schon kalt und mit zunehmender Höhe wird es immer kälter...


So sind wir froh, uns in einem rustikalen Restaurant bei einer heißen Schoki und Arepas mit Käse aufwärmen zu könnnen. Unsere Tourgefährten üben interessante Berufe aus. So zählt die Gruppe einen englischen Detektiv, der ganz im Sherlock-Holmes-Stil einen Dackel hat (also einen “sausage”), und einen kolumbianischen Kampfpiloten, der ganz im Topgun-Stil über der Karibik Aufklärungsflüge fliegt. Die beiden finden ihre Berufe auch gegenseitig sehr spannend, sprechen aber kaum eine gemeinsame Sprache und so darf Monica, die kolumbianische Freundin des Detektivs, fleißig übersetzen.


Weiter geht’s. Es wird noch eisiger und alle paar Höhenmeter machen wir eine kurze Akklimatisierungspause. Schließlich erreichen wir das Valle de Tubas auf 4.450 Metern Höhe, wo es neblig und klirrend kalt ist. Seit 2010 ist es wegen vulkanischer Aktivität nicht erlaubt, höher zu fahren. Leider ist von den schneebedeckten Gipfeln nichts zu sehen, doch wir sind nicht weit vom Nevado del Ruiz entfernt mit seinen stolzen 5.321 Metern Höhe.


Nach all dem Kreislauftraining und Frieren werden wir auf der Rückfahrt gleich mehrfach belohnt: es wird wärmer und sonniger, es gibt ein warmes Mittagessen, und wir können uns in heißen Quellen der Ecotermales El Otoño wieder so richtig aufwärmen. Ein etwa zehnjähriger Junge scheint Anna sehr zu verehren, sodass wir immer mal wieder in ein anderes Becken fliehen müssen, um unsere Ruhe zu haben...


Als wir die Zona Cafetera verlassen, sehen wir, was ihr diesen Namen verliehen hat: unzählige Kaffeeplantagen und Fincas an steilen Hängen, Berge voll üppigem Regenwald und tiefe Schluchten. Wieder eine Busfahrt durch spektakuläre Landschaft.


Und hier noch ein paar weitere Impressionen:

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