Holguín Provinz – Krabben, Kino und Jazz

Kuba
Über vier Stockwerke erstreckt sich die Cavena de Panaderos und ist bis zu 50 Meter tief. Wir fühlen uns wie Höhlenforscher, als wir mit unserem Guide Leonel im Schein der Stirnlampen durch die naturbelassene Höhle wandern - außer einer rostigen Leiter, die zum klaren See auf die unterste Ebene führt, ist die Cavena gänzlich unerschlossen. Niedliche Fledermäuse hängen an der Decke, Einsiedlerkrebse krabbeln auf dem Sandboden herum und an den Wänden sehen wir zwischen den Gesteinsformationen Tausendfüßler und Höhlenspinnen.


Gibara hat sich das Flair eines kleinen Fischerdörfchens bewahrt. Hier merken wir, dass wir in der Nebensaison sind: wir stoßen nirgends auf anderen Touristen. Das Casa Sol y Mar mit Meerblick wird gerade ausgebaut und unser Gastgeber spricht einen Mix aus Spanisch, Deutsch, Französisch und Englisch mit uns. Im Fischrestaurant La Perla del Norte kosten wir leckere „Cangrejos Enchilados“, Krabben mit Kokosraspeln.


Im Juli bringt ein internationales Ereignis den dörflichen Alltag Gibaras durcheinander: das Festival Internacional del Cine Pobre. Wir haben seit Monaten keinen Film mehr gesehen und das Kino soll nett sein. So landen wir in einer Einzelvorstellung auf Englisch mit spanischem Untertitel im kleinem Saal mit DVD-Player, Beamer und dröhnenden Boxen. Außer uns ist nur der Filmvorführer zugegen. Vermutlich läuft „Kingsman“ hier schon ewig und ganz Gibara hat ihn längst gesehen. Interessant jedenfalls, dass der Film ins kommunistische Konzept Kubas passt mit seiner Kritik an Kapitalismus, mobilem Internet und der US-Regierung.


Über unbefestigte Straßen mit vielen Schlaglöchern radeln wir die Küste entlang, vorbei an grasenden Pferden und Ziegen. Als wir am ältesten Windpark Kubas vorbeikommen, beginnen die chinesischen Windräder zu rotieren. Viele Einheimische nutzen dem Sonntag, um im Schatten von Bäumen ihre frisch gefangenen Meeresfrüchte zu grillen. Bemerkenswert sind die roten Krabben überall: Millionen von ihnen krabbeln auf und neben dem Weg umher, die einen millimeterklein, die anderen handgroß.


In Caletones fühlen wir uns dann erst recht wie am Ende der Welt. Ein Hausschwein frisst Algen am Strand, dessen Sand feiner nicht sein könnte. Wir tun es den Dorfbewohnern gleich und kühlen uns zuerst in den kühlen Wellen ab und dann in der Poza Bella, einem Süßwasser-Felsbecken, das nicht weniger türkis strahlt als das Meer. Zwischen den planschenden Kinder plaudern ihre Eltern, die nach kubanischer Art dabei rauchen. Thunfisch und Shrimps könnten nicht frischer sein als im Restaurante El Ancla wo wir in rustikalem Ambiente zu Mittag essen (Max sitzt neben einem Moped).


Opernsänger mit donnernden Stimmen, Frauen in farbenfrohen, spanisch angehauchten Roben, Kinder und Teenies, die in weiß-rosa Kleidchen dazu tanzen und mitsingen. Wir sind in der Provinzhauptstadt Holguín im Teatro Comandante Eddy Suñol, wo wir der Aufführung Revista Musical für umgerechnet 20 Cent pro Person lauschen dürfen – 5 CUP, wobei wir 5 CUC (das 24-fache) schon enorm günstig gefunden hätten… Musikalisch eingestimmt mischen wir uns in der Jazz-Bar Casa de la Trova unters Volk. Gerade sind unsere Cocktails fertig, da werden wir von zwei einheimischen Pärchen an ihren Tisch gewunken und in ein Gespräch verwickelt. Schon am Sonntagnachmittag steigt hier eine Tanzparty, allerlei bunt gemischte Paare tanzen zur Live Musik zwischen den Tischen und überall wo Platz ist Salsa und alles was sie so im Petto haben.


Am ersten Geldautomaten werden gerade die Geldkartuschen aus einem Klapperbus geladen und ein Polizist mit Schrotflinte schickt uns auf die andere Straßenseite. Der zweite ATM ist leer. Beim dritten haben wir schließlich Erfolg, wobei wir vorher ein Weilchen auf kubanische Art warten müssen. Das läuft so ab: man kommt dazu und fragt „¿Quíen es el último? (Wer ist der letzte?)“ und merkt sich die Person vor sich in der „Schlange“, die irgendwo herumsteht. Eine physisch Schlange gibt es nämlich nicht. So kann jeder dort warten, wo es ihm passt. Je nach Situation erscheint es uns genial oder unnötig umständlich.


Im Restaurante 1910 lassen wir uns schmackhaften Fisch und als Dessert einen mindestens ebenso köstlichen Volcán de Chocolate schmecken. In der Cremería Guamá werden wir diesmal zu einem alten Mann an den Tisch gesetzt, der gerade seinen Bauch lüftet wie wir es schon oft bei Kubanern beobachtet haben, nämlich indem er sein T-Shirt hochzieht. Er erkundigt sich erst nach der Bestellung, welche Eissorte es heute eigentlich gibt. Guanábana, na gut. „Ganz schön heiß heute“, meint er zu uns. Was unsere Vermutung bestärkt, dass Kubaner nicht zuletzt deshalb Eis essen, um sich eine Abkühlung zu verschaffen.


Und hier noch ein paar weitere Impressionen:

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