In einem Pontiac mit Baujahr 1952 werden wir vom Flughafen zu unserem Casa Particular chauffiert. An einer Kreuzung steigt unser Fahrer kurz aus, um einer Bekannten ein Küsschen zu geben. Bienvenidos en Cuba!

Im Casa Colonial La Terraza empfangen uns Leo und ihr Mann herzlich, während von gegenüber stimmungsvolle Live Musik herübertönt. Wir beziehen ein himmelblaues Zimmer mit gut fünf Meter Deckenhöhe in dem hübschen Kolonialgebäude, das alle Annehmlichkeiten eines Hotels bietet – Klimaanlage, Kühlschrank, TV, Safe. Wie wir feststellen werden, ist dies in Kuba für Privatunterkünfte (die hier Casa Particulares heißen) eher die Regel als die Ausnahme. Hintergrund ist nicht zuletzt, dass der Staat die Qualität der Casas regelmäßig überprüft und diese beispielsweise eine Dusche mit warmen Wasser aufweisen müssen. Entsprechend bekommt man als Budgetreisender überraschend viel für sein Geld, was wir auf unserer Kubareise sehr zu schätzen wissen. Es hat sich auch gelohnt, einen Großteil der Casas aus Costa Rica vorab online zu reservieren, da das Internet à la cubana keine Geschäfte mit amerikanischen Websites wie Bookings.com zulässt.

Bevor wir losziehen, gibt Leo uns eine hilfreiche Unterweisung in Sachen Währungen: die „Ausländer-Währung“ CUC (covertibles) ist 24-mal so viel wert wie die lokale Währung CUP (pesos, moneda nacional). Da lohnt es sich, das Wechselgeld zu prüfen und die Unterschiede zu kennen. Um das ganze etwas komplizierter zu machen, gibt es für beide Währungen sowohl Scheine als auch Münzen. Auf den CUC sind Monumente abgebildet und auf den CUP Persönlichkeiten. Wenn Leo gerade keinen Währungsunterricht gibt, lehrt sie übrigens Englisch und Russisch – eine interessante Kombination im kommunistischen Kuba.

Den Prunkbau schmückt eine eindrucksvolle Kuppel, ein davor geparkter Panzer rundet das Bild ab. Das Museo de la Revolución widmet sich der Verehrung der Revolutionäre, allen voran Che Guevara und Fidel Castro, und ihrer Errungenschaften für das kubanische Volk. Die Darstellung steckt voller Propaganda und es wird an vielen Stellen klar, dass die CIA der größte Feind Kubas war (oder ist?).

Grandiose Akustik empfängt uns in der Kathedrale, wo zur Feier des sonntäglichen Gottesdienstes ein Nonnenchor singt. Havannas Altstadt könnte auch am Mittelmeer liegen – Kopfsteinpflaster, schattige Parks und Klostergärten, urige Kunstgalerien und allerlei Museen reihen sich vor allem in der Calle Obispo und Calle Mercaderes aneinander. Dazu gibt es Live Musik und Tanzveranstaltungen an jeder Ecke, die sich hier vor allem an Touris richten, die in Scharen aus einem Kreuzfahrtschiff in die Stadt strömen. Die Altstadt ist piko bello, besonders majestätisch kommt der Parque Central daher mit Luxushotels, Palmen und den bunten Oldtimer-Taxis, die auf Kundschaft warten.

Westlich des Parks beginnt Havana Central und mit einem Mal sind die Straßen weitaus schmutziger, chaotischer, lauter. Hier zeigen sich Kubas Kontraste: wunderschöne, edle Kolonialhäuser, die oftmals heruntergekommen und baustellenartig aussehen. Der Verfall zeigt sich besonders deutlich an der Uferpromenade Malecón, wo das Salzwasser der Bausubstanz das Leben schwer macht. Dennoch kann man hier toll flanieren, Kunstwerke anschauen und spontane Live Musik Darbietungen anhören.

Weiße Gräber und Engelsstauen soweit das Auge reicht, der Friedhof Necrópolis Cristóbal Colón beeindruckt nicht nur durch seine Ausmaße. Etwas befremdlich jedoch, dass die Oldtimer-Taxis mit Touris auf der Rückbank direkt über das Friedhofsgelände touren. Im Westen Havannas prägen kommunistische Monumente, Plattenbauten und Mauerzeichnungen mit den Gesichtern von Che und Fidels das Bild. Eine ganze Armee von Flaggenmasten diente dazu, die Propaganda der Bildschirme vor der US-Botschaft zu verdecken.

„Cumpleaños feliz ...“ Alle im Raum singen mit, klatschen und fürs Geburtstagskind gibt es Crème Brûlée mit Kerzchen. Dann geht das Licht wieder an und wir wenden uns wieder unseren Speisen zu. Wir sind im Restaurant „La Flor de Loto“ im Barrio Chino, einer Empfehlung von Leo, die nicht zu viel versprochen hat: edles Ambiente mit Stuhlhussen, asiatisches Dekor, umsichtige Kellnern, leckeres Essen - und unfassbar große Portionen zu unfassbar kleinen Preisen. Wie alle Gäste lassen auch wir uns die Reste einpacken. Waren wir am Vortag noch etwas enttäuscht von den winzigen Portionen in einer an Touris gerichteten Tapas-Bar, entdecken wir hier das Kuba der Kubaner. Wir mussten zwar ein Weilchen vor der Tür warten, aber auch das gehört zum Erleben Kubas und hat sich definitiv gelohnt.

Über imposante Treppenaufgänge gelangen wir in Kubas legendäres Privatrestaurant „La Guarida“, wo wir anlässlich Max‘ Geburtstag essen gehen. Zu köstlichem Thun- und Schwertfisch lassen wir uns Maniok mit kubanischer Knoblauchsoße schmecken, während passenderweise neben uns eine französische Familie sitzt. Unser Speisesaal ist typisch kubanisch höher als breit und die Wände zieren allerlei Fotos und Accessoires aus den 40er Jahren wie Balletschuhe.

À propos Tanz: eine vielseitige Ballettvorstellung erleben wir im Gran Teatro de la Habana Alicia Alonso, wobei uns besonders die Akrobatik eines Männerballetts beeindruckt. „¡Exíbela!“ In unserem Apartment nehmen wir eine private Salsastunde bei Marielle, die jede Menge Enthusiasmus versprüht und es aufs beste versteht, Max die verschiedenen Signale beizubringen. Und uns die spanischen Namen der ganzen Figuren wie „enchufela“.

Ein ganzes Regal, nein ein ganzer Gang voller saurer Gurken. Der Supermarkt bietet kaum Auswahl und die Regale erinnern an ein Großhandelslager. Draußen warten jede Menge Kubaner mit Essensmarken auf ihre Ration Schweinefleisch. Wir sind auf der Suche nach Erdnussbutter und werden noch feststellen, dass es so etwas in Kuba einfach nicht gibt. Umso mehr Vielfalt bietet dagegen der Bauernmarkt um die Ecke. Hier lernen wir Guaven („guayabas“) kennen, die außen grün-gelb und innen rosa sind und einfach köstlich schmecken. Außerdem stoßen wir wieder auf Zapotes, die hier Mamey heißen und nach Marzipan schmecken, und auf Cherimoyas, die Anna aus Málaga kennt. Nach so vielen Südfrüchten sind wir gestärkt, um den Westen Kubas zu erkunden...

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: