“Da oben hängt ein Faultier”, meint unser Guide Mario und deutet mit seiner Taschenlampe irgendwo weit oben ins Geäst. Etwas außer Atem treffen die übrigen unserer Gruppe ein. Mal wieder sind wir hastig durch den nächtlichen Nebelwald gehechtet, um ein wildes Tier zu sehen, von dem Mario übers Walkie Talkie erfahren hat. Vom Faultier sehen wir nur etwas braunes Fell, von einem Kingajou etwas schwarzes. Die Tiere sind zwar nacht-aktiv, hängen aber immer noch ziemlich weit oben ziemlich träge in den Bäumen ab. In einem Erdloch versteckt sich eine Tarantula mit orangenen Beinen, in einer kleinen Höhle eine Boa Constrictor, auf deren gemusterte Haut wir einen Blick werfen können. “Walking Sticks” sind kaum von Ästen zu unterscheiden und erinnern und an die Baummenschen bei Herr der Ringe. Einen rotäugigen Frosch findet Mario sogar selbst. Ansonsten scheinen ihm die anderen Guides der Kinkajou Night Tour in Erfahrung und Fachwissen weit überlegen zu sein. Dafür sind wir mit Abstand am sportlichsten im Wald unterwegs.

Imposanter und interessanter finden wir die Nebelwälder bei Tageslicht. Die morgendlichen Nebelschleier verwandeln sich ab und zu in Nieselschauer, als wir durch den zugewucherten Bosque Nuboso voller Mose, Flechten, gigantischer Lianen und Luftwurzeln wandern. Die Luft könnte frischer nicht sein und abgesehen vom Gezwitscher der Vögel und dem gelegentlichen Brüllen der Brüllaffen umgibt uns Stille. Wir treffen auf jede Menge exotische Tropenpflanzen, die geradezu dazu einladen, ihnen coole Namen zu geben – Coral Coffee zum Beispiel (offiziell “Mountain Corn”), rote Bush Berries, pinke Jungle Cherries und Farnbäume, die sich gerne mal in Alien-artige Calamares-Churros verwandeln.

Von einer gewaltigen Hängebrücke aus eröffnen sich uns neue Perspektiven in und auf die Baumkronen. Am Mirador der “Contintal Divide” fließt das Wasser zu unserer Rechten Richtung Pazifik und zu unserer Linken Richtung Karibik. Gesehen haben wir jedoch nur weißen Nebel – wie authentisch. Dafür bekommen wir einige Bewohner des Bosque Nuboso zu Gesicht. Immer wieder schwingen sich Klammeraffen und Eichhörnchen von Liane zu Liane, während Schmetterlinge und Kolibris durch die Luft schwirren. Nasenbären sind auch unterwegs, zu unserer Überraschung nicht nur unter sondern auch auf den Bäumen. Einen Quetzal, den guatemaltekischen Nationalvogel, bekommen wie leider nicht zu Gesicht, dafür aber eine winzige Schlange, die auf einem Zweig schläft und dabei einfach nur niedlich aussieht.

“Ok, you can go”, meint der Guide – und schon sausen wir mit in einem Affentempo über die Baumkronen des Nebelwalds. Anfangs hat uns die kommerzielle Effizienz von Selvatura Canopying etwas abgeschreckt, mit der hier alles durchgetaktet ist und die so gar nicht zur entspannten “pura vida”-Mentalität der Ticos passt. Sobald wir jedoch auf den Plattformen unterwegs sind, verteilen sich die Touristenmassen im Nebelwald. So genießen wir Adrenalin pur in der Natur auf insgesamt 13 Seilrutschen. Die längsten Ziplines – mit 850 Metern bzw. einem Kilometer Länge - rutschen wir paarweise entlang. Ein paar in unserer Gruppe fliegen die letzte Seilrutsche in einer liegenden Superman-Pose und machen dabei eine ziemlich gute Figur.

Bei Sabor Tico probieren wir Tamales (Maisteig im Bananenblatt) und bekommen die mit Abstand großzügigsten Casado-Portionen unserer Reise aufgetischt. Die Ticos lieben süße Säfte, egal ob warm oder kalt. Agua Dulce ist Zuckerrohrsaft mit heißem Wasser und schmeckt recht lecker. Bei Morphos lassen wir den Tag mit Guaven-Smoothies zum Sonnenuntergang ausklingen.

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: