Mit Kriegsbemalung aus Kerzenruß erkunden wir die Höhle. Erst waten wir durchs kalte Wasser, dann schwimmen wir dunkle Gänge entlang. Das einzige Licht kommt von den flackernden Kerzen in unseren Händen. Immer wieder sind anspruchsvolle Kletterpartien zu meistern. Eine Teilnehmerin stößt sich mehrmals den Kopf an der niedrigen Höhlendecke – und niemand von uns trägt einen Helm. Auch im Wasser verstecken sich immer wieder scharfe Felskanten. Ein eindrucksvolles Erlebnis, besonders auch durch das Kerzenlicht. Nur den Sprung aus fünf Metern Höhe ins schwarze Höhlenwasser möchte dann doch niemand unserem Guide nachmachen...

Ganz anders sieht es bei der Riesenschaukel aus, von deren Ende Max und Bruno kurz darauf metertief in den Fluss springen. An einem tröpfelnden Wasserfall, der wie eine offene Höhle wirkt, essen wir unsere Sandwichs. Das Wasser ist noch kälter als in der Höhle, da der unterirdische Fluss erst hier ans Tageslicht kommt.

Über steile Felsstufen, Treppen und Leitern geht es hinauf zum Mirador. Der anstrengende Anstieg lohnt sich – die Vogelperspektive auf Semuc Champey ist überwältigend. Unter uns reihen sich die sechs Kalksteinbecken aneinander. Die türkisen Becken sind mit Quellwasser gefüllt, während der Río Cabahón unter ihnen entlang fließt. Wegen dieses Blicks gilt Semuc Champey als der schönsten Ort Guatemalas.

Die angenehm temperierten Becken laden zum Schwimmen und Plantschen ein. Wir springen und rutschen von einem Becken ins andere und lassen uns im glasklaren Wasser treiben, in dem kleine Fische schwimmen. Die etwa 40 Besucher verteilen sich gut über die Becken, sodass wir die Natur in Ruhe genießen können.

Vermutlich verirren sich verhältnismäßig wenige Reisende hierher, da Semuc Champey so schwer zu erreichen ist. Die elf Kilometer von unserem Hostel in Lanquín haben wir á la chapina zurückgelegt: auf der Ladefläche eines Pick-ups stehend und uns am Gestänge festhaltend. So ruckeln wir auch auf der Rückfahrt wieder über ausgesprochen unbefestigte Wege durch die Berglandschaft mit Maisfeldern und Bananenstauden, nur dass wir diesmal auch noch eine Holzbrücke mit riesigen Löchern überqueren. Für uns Abenteuer, für die Einheimischen Alltag.

Die rustikalen Holzhüttchen des Hostel Vista Verde sind in die steilen Hänge des bewaldeten Tals von Lanquín gebaut und offenbar noch recht neu. Hier frühstücken wir großzügiges Obstmüsli, lesen in den Hängematten und lernen Traveller aus Belgien und Dänemark kennen, die gerade durch Honduras gereist sind. Allerdings ist es uns allen bald zu anstrengend, gegen die laute Party-Musik anzuschreien. Vielleicht möchte man mit dem Hostel auf dem Nachbarhügel konkurrieren oder den Alkoholkonsum ankurbeln? Beides scheint nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Naja, verzichtet hätten wir auch auf die Kakerlake, die trotz Moskitonetz nachts über Max Arm gekrabbelt ist ...

Die Busfahrt von Flores nach Lanquín hat ganze zehn Stunden gedauert und damit doppelt so lange wie von der Reiseagentur angekündigt. Man stelle sich einen beengenden Minibus ohne Kopflehnen vor, auf dessen Dach das Gepäck geschnallt wird. Entsprechend gespannt sind wir auf die Weiterreise. Es geht gut los: zu sechst fahren wir im Tuctuc zum Busbahnhof – wir, unser Gepäck, ein älteres schwules Pärchen, der Fahrer und sein Sohn. Unvorstellbar, was alles in ein Tuctuc passt… Kurz darauf können wir unser Glück nicht fassen – unser Bus hat doch tatsächlich Kopflehnen und sogar ein kleines bisschen Beinfreiheit. Dafür allerdings ein technisches Problem. Schon an der Tankstelle tüfteln zwei Männer unter dem Bus herum, zwei Stunden später dann wieder, während wir bei McDonald‘s frühstücken. Also geht‘s in die Werkstatt, wo im vorderen Innenraum des Busses eine Klappe geöffnet und am Motor herumhantiert wird, während wir und das französische Pärchen drin sitzen.

Es hilft jedoch alles nichts, da offenbar die Wasserpumpe kaputt ist. So werden wir in einem kleinen Klapperbus zu einem etwas größeren Klapperbus gebracht, natürlich ohne Kopfstützen, dafür interessanterweise mit Fahrgästen, die auch im Hostel Vista Verde übernachtet haben (und die Party-Musik völlig daneben fanden). Naja, es sind ja nur noch zehn Stunden Fahrt. Über Serpentinen fahren wir über unbefestigte Straßen voller Schlaglöcher, vorbei an brennenden Mülldeponien neben der Straße, vom Holprigkeitsfaktor eher mit einer alten Kutsche vergleichbar. Zwischendurch essen wir auf einem Rasthof gegrillte Tortillas mit Käse und passieren das Zentrum von Chichicastenango, wo der größte Markt Zentralamerikas stattfindet. Nach zwölf Stunden Fahrt erreichen wir schließlich unser Ziel Panajachel. Por fin!
