Kopfsteingepflasterte Straßen, Kolonialgebäude in warmen Farbtönen, Cafés in blühenden Innenhöfen, herzliche Menschen und das ganze in einer spektakulären Vulkanlandschaft – Antigua hat es uns sofort angetan. Über 230 Jahre lang diente es als koloniale Hauptstadt und als zentralamerikanischer Verwaltungssitz der Spanier, wovon heute unzählige Klöster und Kirchen zeugen, die entweder sehr schön renoviert sind oder authentischen Ruinencharakter haben. Die Klosterruine der Barockkircke Nuestra Señora de la Merced bietet Blicke auf den Rauch-speienden Vulkan Fuego, während wir vom Arco de Santa Catalina den Vulkan Agua bestaunen können, der unweit der Stadt über 3.700 Meter in die Höhe ragt.

Auf dem Parque Central füttern Kinder Tauben, während Frauen in traditionellen Kleidern Schals verkaufen und eine Band Marima-Musik spielt. Vom Balkon des Palacio del Ayuntamiento können wir das bunte Treiben beobachten und die im Abendlicht golden erstrahlende Fassade der Kathedrale bewundern. Das größte und reichste Kloster ist heute im Luxushotel Casa Santo Domingo untergebracht, wo sich Loros, die in einem Piratenfilm mitspielen könnten, unter Strohdächern das Gefieder putzen.

Der sonntags besonders große Markt ist ein buntes Farbenspiel aus frischem Obst, Gemüse, Bohnen und Mais. Wir essen frittierte Bananen, trinken eine grüne Kokosnuss und kaufen Macadamias, rote Bananen und ein paar uns unbekannte Früchte, von denen sich die braune Zapote als eine rote, herrlich schmeckende Frucht herausstellt.

Am gastronomischen Angebot merkt man, dass sich Antigua unter Backpackern großer Beliebtheit erfreut. In der Crêperie Luna de Miel essen wir herzhafte Crêpes mit Rucola und Ziegenkäse auf einer Terrasse samt Brunnen und Feengraffiti. Im spirituellen Café Samsara gibt es leckere Tempehgerichte und einen Post-Asana-Smoothie mit Grünkohl, Cashews, Kakao und Spirulina. Das Rainbow Café wartet mit Zimt-Honig-Bananen-Tumeric-Latte auf und im israelischen Hostel-Restaurant Zoola lassen wir uns Falafel-Burger und Auberginen-Wraps unter Stoffbaldachinen auf Sitzkissen an niedrigen Tischen schmecken. Und das ganze zu Traveller-freundlichen Preisen.

Anfangs wohnen wir in einer privaten Unterkunft bei Javier und Samara. Die freundliche Familie bewohnt mit ihren zwei Pudeln und einer Schildkröte ein großes Haus mit einem üppigen Obstgarten, der sich über mehrere Terrassen erstreckt. Vom Vorort San Felipe aus sind es 25 Minuten zu Fuß in die Stadt, wobei wir auf Javies Anraten hin abends lieber ein Taxi nehmen. Als wir in San Felipe zum Supermarkt gehen, finden wir uns plötzlich auf einem übermannshohen Bürgersteig wieder.

Sprachschulen gibt es in Antigua wie Sand am Meer. Wir entscheiden uns für die älteste Sprachschule der Stadt namens Proyecto Lingüístico Francisco Marroquin, um Grundkenntnisse zu erlernen (Max) bzw. die vorhandenen Spanischkenntnisse aufzufrischen (Anna). So sitzen wir eine Woche lang vormittags mit unseren Sprachlehrern in den offenen Räumchen, die sich in dem gepflegten Obstgarten der Sprachschule aneinanderreihen. Während Max mit Marco die Fundamente legt, macht Anna mit Brenda einen rasanten Streifzug durch die Grammatik. Nach einem Vormittag Imperfecto, Futuro und Condicional kann einem schon mal der Kopf qualmen. Der Einzelunterricht, der in Guatemala eher die Regel als die Ausnahme ist, ist enorm intensiv, effektiv und fordernd. Nebenbei bekommen wir interessante Einblicke in das Leben unserer Sprachlehrer. Brenda hat drei Töchter und lange Jahre gekellnert, bevor sie sich zur Sprachlehrerin weitergebildet hat. Marco hat nebenbei einen Landwirtschaftsbetrieb und arbeitet am Wochenende auf seinen Feldern, wo er Bohnen, Mais und Avocados anbaut.

In der Pause probieren wir einen bei den Einheimischen beliebten Snack namens „Tostadas“ - knusprige Tortillas mit Bohnenpaste oder Guacamole, Kraut und Salsasoße. An den Nachmittagen lernen wir im ruhigen Garten der Sprachschule im Schatten alter Mauern, machen im Café Condesa Hausaufgaben, schnuppern in Vinyasa-Yoga hinein und planen unsere Rundreise. Am letzten Tag unseres Sprachkurses werden kurz vor Schluss die Avocados von den hohen Bäumen geschlagen, was auf den Dächern einen Heidenlärm verursacht. Schüler und Lehrer dürfen sich frei bedienen und so haben wir ein Abschiedsgeschenk für unsere Gastmutter.

Während des Sprachkurses wohnen wir nämlich bei Lucrecia und ihrer Muter Alicia in der Colonia Calendária. Hier werden wir mit leckerem, gesundem Essen mit viel frischem Obst und Gemüse vom Markt verwöhnt. Immer wieder lernen wir neue Gemüsesorten kennen – Güisquil oder Güicoyitos etwa - und täglich gibt es dazu leckere Weizentortillas, die frisch ins Haus geliefert werden und unter einem Handtuch warm gehalten werden. Außer uns wohnt Susan aus New Hampshire hier, die drei Monate lang einen Sprachkurs in Antigua macht, sich nebenbei als Freiwillige in einem Archiv engagiert und einen Marimbakurs macht. Wir haben immer wieder spannende Gesprächsthemen und lernen viel über das Leben in Guatemala und Antiga. Wie der Zufall es will, haben Lucrecias Söhne einen australischen Vater und studieren zurzeit beide in Down Under.

Ganz in der Nähe des Hauses erhebt sich der Cerro de la Cruz, von dem aus sich Antigua und der Vulkan Agua aus einer anderen Perspektive zeigen. Die eindrucksvollen Vulkane der Gegend wollen nicht unerkundet bleiben ...

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: