Dunkle Wolken ziehen auf, als wir am Melbourne Airport Richtung Great Ocean Road losfahren. Durch Gewitter und ströhmenden Regen geht es nach Ocean Grove, wo wir Teresa wieder treffen, die wir im Oktober in der abgelegenen Aborigine Community besucht haben. Sie hat gerade ihren Ruhestand mit einem Urlaub in Neukaledonien angetreten und ist zurück in die Nähe von Melbourne gezogen. Gil wird noch mehrere Monate in Koorabye tätig sein. Wir verbringen einen sehr netten Abend zusammen und spazieren morgens zum Strand.

In Torquay und am Bell‘s Beach trotzen die Surfer in ihren Neoprenanzügen Wind und Wetter. In Anglesea beobachten wir eine ganze Schulklasse beim Surfunterricht. Entlang der Great Ocean Road bieten sich uns immer wieder tolle Ausblicke auf die Küstenlandschaft, wie vom Teddy‘s Lookout. Am Strand von Lorne entspannen wir am Strand und eine Gruppe Little Corellas frisst einer Familie aus der Hand.

Von unserem Baumhaus in Sugarloaf aus sehen wir das Meer, die Great Ocean Road und theoretisch auch den Sonnenaufgang, wäre es nicht bewölkt. Beim Frühstück lernen wir ein sympathisches lettisch-australisches Pärchen kennen, das in einer Yurte übernachtet hat und sich übers Glamping („glamorous Camping“) gerade ans richtige Camping herantastet. Die beiden sind dabei, einen Fair-Trade-Handel mit indischen Kristallen in Melbourne aufzubauen und selbst Feuer und Flamme für ihre Produkte. „Wir haben eine total enge Bindung zu unseren Kristallen. Wenn wir sie mit an den Strand nehmen, werden sie auch mal gestreichelt.“ So so...

Zum Shelly Beach wandern wir durch den kühl temperierten Regenwald, während es ab und zu nieselt. 20 Dollar für einen Leuchtturm sind uns im Cape Otway Nationalpark dann doch zu teuer. Um dennoch einen Blick auf den Leuchtturm zu erhaschen, schlagen wir uns einen wilden Pfad entlang, der bei WikiCamps eingezeichnet ist. Prompt stoßen wir auf den idyllischen Great Ocean Walk und spazieren hier fernab vom Touristenrummel die Küste entlang. Später sehen wir einen Koala, der sich hoch oben in den Zweigen Eukalyptusblätter schmecken lässt.

Bei den weltbekannten Twelve Apostels handelt es sich tatsächlich um nur sieben Brandungspfeiler, die majestätisch aus dem Meer aufragen. Auch der Küstenstreifen mit einsamen Stränden ist imposant und die Steilküste hat dieselben Muster wie die Twelve Apostels. Es könnte der schönste Ort der Great Ocean Road sein – wären da nicht die Touristenmassen. Rund um den auf die Wiese ausgedehnten Parkplatz sind vier tosende Helikopter im Dauereinsatz, auf den Wegen drängen sich die Touris mit ihren Selfie-Sticks. Nachdem wir schon am Cape Otway chinesische Straßenschilder gesehen haben, fühlen wir uns hier erst recht nach Asien versetzt. Der Rummel lädt jedenfalls nicht zum Verweilen ein. Wie herrlich einsam war doch dagegen die Westküste.

Die Naturphänomene ganz in der Nähe wirken eindrucksvoller, da hier nicht ganz so viele Touristen auf einen Flecken Natur kommen. An der Loch Arch Gorge stoßen wir auf einen von Felsen umrahmten Strand und eine freiliegende Tropfsteinhöhle. Die früher als London Bridge bezeichnete Felsformation heißt seit ihrem Einsturz im Jahr 1990 nun mehr London Arch. Zwei Touristen mussten damals von der jüngsten Insel der Welt mit Helikoptern gerettet werden. Ob deshalb die Helis in Dauerschleife um die Twelve Apostels kreisen?

Ruhiger wird es westlich der Great Ocean Road. Im süßen Küstenörtchen Port Fairy stoßen wir wieder auf das Australien, wie wir es kennen: entspannte Menschen, guter Kaffee, nette Bötchen in der Marina, ein kleines Inselchen namens Griffiths Island mit brütenden Zugvögeln und Surfern, die in der Nähe des Leuchtturms die besten Wellen abpassen. Abgerundet wird das ganze durch den Gourmetpfad rund um Timboon. Köstliche Erdbeeren pflücken wir bei Berryworld, während daneben flauschige Hühner herumpicken. Bei der Schulz Organic Dairy Farm verkosten wir Käse und essen seit Monaten wieder Quark, der in Australien weitgehend unbekannt ist.

Im spektakulären Tower Hill Reserve spazieren wir durch ein Naturschutzgebiet, das mitten in einem erloschenen Vulkankrater liegt. Auf einmal kommen uns zwei Spaziergänger entgegen – und zwar ein Emupaar. Die beiden werden immer langsamer, beäugen uns skeptisch, bevor sie in einem Affentempo vorbeirasen. Dann schlendern sie weiter, als wäre nichts gewesen. Was für Vögel... Vom Mount Leura aus eröffnet sich uns die riesige Vulkanebene, aus der viele der Vulkankegel herausragen – ein lohnender Geheimtipp unserer Gastgeberin.

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: