Sommerhaus mit Weihnachtshund – Jahreswechsel in Perth

Australien
Direkt aus dem Kloster auf eine Teenie-Geburtstagsparty – ein krasseres Kontrastprogramm hätten wir uns kaum aussuchen können. Wobei es auf der Feier zu Josephs 18. Geburtstag ausgesprochen zivilisiert zugeht: der Abend wird mit Kickern, Tischtennis und Gesellschaftsspielen verbracht und es fließt überraschenderweise kein Alkohol. Die Australier sind sehr strikt, was die Altersgrenze für Alkoholkonsum angeht und da viele der Gäste noch unter 18 sind, hat sich das Geburtstagskind eine alkoholfreie Party gewünscht. Auf Marias Wunsch hin kümmern wir uns um alkoholfreie Cocktails, wobei die Soft Drinks den größten Anklang finden. Da wir durch unseren Aufenthalt im buddhistischen Kloster noch überaus geerdet und achtsam sind, ist der Abend für uns eine pure Reizüberflutung. Stimmengewirr, Musik, Lichteffekte und das erste Abendessen seit einer Woche sorgen dafür, dass wir schnell müde sind und uns schon zurückziehen, bevor die Party um 22:30 Uhr endet. Dass Veranstaltungen früh beginnen und früh enden, scheint in Australien auch üblich zu sein. Gar nicht mal so verkehrt.


Am nächsten Tag zeigt uns Maria alles Wissenswerte rund um Haus, Hof und Hund. Beim Spaziergang durchs nahegelegene Naturschutzgebiet lernen wir den süßen Pudelmischling Coco besser kennen. Max hilft Jeff dabei, das automatisierte Bewässerungssystem zu erweitern, bis es plötzlich komplett ausfällt. Abends gibt es Pizza und Jeff führt uns seine Gitarren vor, die er aus Zigarrenschachteln baut. Früh am nächsten Morgen fährt Max die vier zum Flughafen, da sie über Weihnachten Jeffs Familie in Victoria besuchen und wir während der zwei Wochen auf Haus und Hund aufpassen.


Nach mehreren Monaten des Campings ist es für uns der reinste Luxus, ein ganzes Haus zu bewohnen - mit eigenem Bett, Bad und einer top ausgestatteten Küche samt Induktionsherd, Thermomix und programmierbarem Wasserkocher. Wir genießen die Reisepause und sind gleichzeitig erstaunt, wie viel Zeit die häuslichen Verpflichtungen in Anspruch nehmen. In der Kühle des Morgens kümmern wir uns um die Bewässerung des Gartens, befördern einen großen Mulchberg auf die Beete, ernten Zucchinis im Gemüsegarten, füttern Coco, kochen Reis, Hühnchen und Gemüse für sie vor und halten das Haus sauber.


So sehr wir es genießen, statt eines Dachzelts ein Haus mit Garten zu bewohnen, entpuppt sich Coco als das Sahnehäubchen unseres Housesittings. Allmorgendlich spazieren wir mit ihr durch den mediterran anmutenden Vorort Kardinya. Schon nach ein paar Tagen hört sie auf uns und so lassen wir sie ohne Leine auf der ovalförmigen Wiese des Alan Edwards Park Stöckchen, Bällchen und uns selbst hinterherjagen – ein Heidenspaß für uns drei. Coco ist danach in den ersten Tagen ganz schön platt und schläft stundenlang tief und fest. Atmet sie noch? Ok, alles gut. Sie ist nicht nur verspielt, sondern auch sehr anhänglich und verschmust. So folgt sie in jeden Raum, genießt sämtliche Streicheleinheiten und rastet vor Freude schier aus, wenn wir nach ein paar Stunden Abwesenheit wieder nach Hause kommen. Ihr bester Freund ist ein dachsähnliches Stofftier, das wir „Quietschy“ taufen. Besonders wenn wir gerade mit der Heimat telefonieren, versucht Coco gerne, mit den Quietschgeräuschen unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. So süß!


Weihnachtsstimmung kommt bei Temperaturen über 30 Grad zwar keine auf, aber dafür verbringen wir Heiligabend am Strand und lassen uns Mangos, Kirschen und Kokoseis schmecken. Die Spielgeräte im und ums Haus bringen uns auf die Idee, ein Weihnachtsturnier zu veranstalten. Anna gewinnt beim Tischtennis, Max dafür beim Dart und Kicker und damit das Turnier. „Happy New Year“ wünschen uns die Spaziergänger im Park schon am Silvestertag. Abends kochen wir uns ein asiatisches Menü und sehen das Feuerwerk über dem Swan River neben dem palmengesäumten Raffles Hotels. Um 00:09 Uhr ist auch schon alles vorbei und alle fahren in ihren Autos nach Hause. Ungewohnt ist für uns außerdem, dass niemand auf der Straße aufs neue Jahr anstößt oder Böller in die Luft jagt. Beides ist hier verboten und Feuerwerkskörper gibt es erst gar nicht zu kaufen, da die Gefahr von Waldbränden zu hoch ist. Dafür gibt es in und um Perth fünf professionelle Feuerwerke. Wie 18. Geburtstage wird auch Silvester hier zivilisiert und ruhig gefeiert und früh Feierabend gemacht. Eigentlich ganz angenehm, denn so müssen wir uns weder Sorgen um Coco machen noch vor fehlgeleiteten Böllern in Acht nehmen.


Wir nutzen die idealen Wohnbedingungen zum Bloggen, zur Planung der weiteren Reise und zum Skypen mit den Daheimgebliebenen. Während uns auf dem Road Trip heftige Windböen, glühende Sonne, nervige Fliegen und lange Fahrtstunden die meiste Zeit von den Laptops ferngehalten haben, genießen wir es, in klimatisierten Räumen oder auf der schattigen Terrasse auf bequemen Stühlen zu sitzen und durchgehend Strom und schnelles WLAN zur Verfügung zu haben. Wir treffen außerdem die Entscheidung, den guten alten Paji zu verkaufen. Zum einen sind wir nicht scharf darauf, tausende Kilometer durchs Nichts der Nullabor Plain zu fahren und zum anderen hatten wir in den letzten Wochen zur Genüge windige, kalte Nächte im Dachzelt verbracht. So trennen wir uns nach gut vier Monaten und exakt 15.004 Kilomtern von unserem treuen Weggefährten. Schon mit den ersten Interessenten können wir uns auf einen fairen Preis einigen und so darf der frisch geputzte Paji samt Campingausrüstung doch über die Nullarbor fahren, allerdings mit Chris und Johanna aus dem Saarland am Steuer, die auch ein Jahr um die Welt reisen. Die Rechnung ist aufgegangen: für unser Investment in den Paji hätten wir unter dem Strich gerade mal zwei bis drei Wochen einen Campervan mieten können.


In Perth treffen wir einige der netten Menschen wieder, die wir in den vergangenen Wochen unterwegs kennen gelernt haben. Beim Weintrinken mit David und Janine aus der Schweiz an einem Truck Stop im Nirgendwo haben wir festgestellt, dass wir alle koreanisches Essen lieben. So treffen wir uns in Perth bei Took Bae Kee zu einem leckeren Bibimbap. Die beiden sind auf ihrer Rundreise auf einen australischen Hinterwäldler gestoßen, der schokogetränkte Früchte verkaufte und tatächlich die Schweiz nicht kannte. Seine Nachfrage: „Gibt es denn in … also in diesem Land auch Schokolade?“ … Mit Anusha, die wir im Bodhinyana Kloster kennen gelernt haben, besuchen wir das buddhistische Dhammasara Nonnenkloster. Das Kloster erinnert an ein Resort und in die Spendenzeremonie ist eine Meditationssitzung integriert. Wir lernen Anushas Freundin Sandya kennen, die auch aus Sri Lanka stammt, auf ihrer vierjährigen Reise durch Südostasien und Australien in vielen Klöstern war und in Thailand eine Zeit lang selbst als Nonne gelebt hat. Die Engländerin Anna und die Australierin Rea stehen kurz vor ihrer Ordinierung zu Anagarikas. Wie auch die Nonnen strahlen sie viel Positivität aus und scheinen sich untereinander bestens zu verstehen. Auf der Ladefläche eines Pickups gelangen wir dank Sondergenehmigung zu den entlegeneren Teilen des Klosters, wo wir von felsigen Bergen aus tolle Ausblicke auf das bewaldete Tal haben.


Als Max Maria und ihre Familie Anfang Januar vom Flughafen abholt, sind sie begeistert über die saubere Wohnung, den gemulchten Garten und die frisch gewaschene Coco. Die Kleine hat sich morgens im Park nämlich leidenschaftlich in einem toten Vogel gewälzt und danach so übel gestunken, dass wir sie gleich mehrfach shamponieren mussten… Wir verbringen noch ein paar nette Tage bei Coco und ihrer Familie. An einem Abend gibt es Pizza und eine nachträgliche Bescherung, da noch ein paar Päckchen unter dem Weihnachtsbaum aufgetaucht sind. Später spielen wir mit den VR-Brillen, die Joseph und Dieter zu Weihnachten geschenkt bekommen haben, während Jeff auf einer Zigarrenschachtel-Gitarre spielt und Coco auf der Suche nach Leckerlis und Streicheleinheiten vom einen zum anderen läuft. Es ist eine Herausforderung, unser inzwischen gewachsenes Gepäck auf die Anforderungen eines Billigfliegers zu komprimieren. Maria ist unsere Rettung - sie schenkt uns eine Reisetasche, in der ihre Nichte vor einem Jahr Gepäck nach Deutschland senden wollte und in die Annas Rucksack plus unser Zusatzgepäck hineinpassen. Dann heißt es auch schon Abschied nehmen von den vieren und der süßen Coco, die uns sehr ans Herz gewachsen ist. Gleichzeitig sind wir voller Vorfreude auf … Tasmanien!


Und hier noch ein kleines Best-Of-Coco:

vorheriger Artikel naechster Artikel