Nach 11.500 Kilometern erreichen wir mit dem Paji unser Etappenziel Perth. Der Feierabendverkehr wird immer dichter, dann stehen wir sogar im Stau. In den Außenbezirken blühen an jeder Ecke Jacarandas zwischen den Bungalows, im Hauptgeschäftsviertel sehen wir erstmals in Australien Wolkenkratzer und Anzugträger. Der Mix aus dunklen Wolken und Sonne geht zur Abenddämmerung in einen rosaroten Himmel über, von dem ein paar Regentropfen herabregnen, während wir uns auf dem Fremantle Village Caravan Park unter Palmen das Obstbrot und Olivenöl aus New Norcia schmecken lassen.

Nach so viel Natur genießen wir es, wieder Kultur zu erleben: Kunst in der Western Australian Art Gallery in Perth, Wracks in der Shipwreck Galleries in Fremantle, Gebäude aus der Goldgräberzeit in Fremantles Stadtkern. Im King’s Park laufen wir geschwungene Brücke auf Höhe der der Eukalyptus-Kronen und haben Ausblicke auf die Skyline von Perth, den Svan River und jede Menge Wildblumen. Im Hafen von Fremantle bietet ein älteres Paar Segeltörns auf ihrem Katamaran an, nachdem sie drei Jahre lang Australien umsegelt haben. Als hochspannend und zugleich verstörend erleben wir die Führung durch ein ehemaliges Militär-U-Boot im Western Australian Marine Museum. Unser Guide erklärt detailliert, wie die unterschiedlichen Torpedos auf das Ziel abgeschossen werden, wie das U-Boot mithilfe von Druckluft manövriert wird und wie mit Sonar „gelauscht“ wird. Auf dem 90 Meter langen Schiff war eine 60-köpfige Mannschaft in 6-Stunden-Schichten eingesetzt, die oft über zehn Tage lang kein Sonnenlicht sahen und wie die Sardinen in beengten dreistöckigen Betten schliefen. „Silence is golden“ lautet das Überlebensmotto unter der Meeresoberfläche.

Auch kulinarisch kommen wir auf unsere Kosten: in den Hallen der Fremantle Markets gibt es frisches Obst und Gemüse aus der Region und auf dem Cappuchino Strip reihen sich die Cafés und Restaurants aneinander. In der Little Creatures Mikrobrauerei machen wir eine Bierprobe, wobei einige der Biere interessant bis gewöhnungsbedürftig schmecken. In Australien gibt es kein Reinheitsgebot, bei Little Creatures dafür offenbar ein Kostümierungsgebot für Kellner: wer kein riesiges Tattoo aufzuweisen hat, trägt ein schrilles grünes Kostüm. In Perth genießen wir unsere asiatischen Lieblingsgerichte beim Vietnamesen Mama Tran und beim Koreaner Arirang. Abends werden jedoch die Bürgersteige hochgeklappt: als wir vor 20 Uhr mit dem Zug aus Perth in Fremantle eintreffen, fahren kaum noch Busse.

Der Rhein-Donau-Club wirkt wie ein nostalgisches Vereinsheim: an den holzvertäfelten Wänden hängen Auszeichnungen der Schützenkönige, in gemütlichen Sesseln sitzen die Gäste, essen Bratwurst mit Sauerkraut und trinken „shandy“ (Radler). Bei der Barkeeperin fragen wir uns zu Maria durch, die die Schwester einer Freundin von Annas Eltern ist, seit 20 Jahren in Australien lebt und uns spontan zu ihrem Clubabend mit Familie und Freunden eingeladen hat. So lernen wir Maria, ihren Mann Jeff und ihre Söhne Joseph und Dieter kennen. Joseph hat gerade die Schule abgeschlossen und möchte Politikwissenschaften studieren. Schnell sind wir beim Lieblingsthema vieler Australier, sobald es um Deutschland geht: Angela Merkels Flüchtlingspolitik ist vielen hier ein Dorn im Auge. Für uns interessant ist, dass im australischen Geschichtsunterricht offenbar andere Schwerpunkte gesetzt werden. Joseph findet die Episode „Japan gegen China“ des Zweiten Weltkriegs spannend und neckt einen Kumpel italienischer Abstammung damit, dass Italien in einem Krieg Äthiopien unterlegen war. Informationen zum Ozonloch muss man sich in Australien überraschenderweise aktiv zusammensuchen, da darüber nicht berichtet wird. Beim Abschied fragt Maria uns, ob wir nicht Lust hätten, über Weihnachten bei ihnen Housesitting zu machen. Warum eigentlich nicht? Vorher erkunden wir aber noch den Südwesten Australiens.

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: