Frühling in Geraldton

Australien
Getreidefelder, Laub- und Nadelbäume, brauner Erdboden: als wir durch Australiens Weizengürtel fahren, kommen Heimatgefühle auf. Plötzlich herrscht Frühling. Es ist bewölkt und am Tag nach unserer Ankunft fallen tatsächlich ein paar Regentropfen – der erste Regen, den wir seit drei Monaten in Australien erleben. Abends weht ein frischer Wind, sodass wir unsere warmen Klamotten auspacken. Eines Nachts hält uns ein Gewitter mit gleißenden Blitzen wach, die wir durch die dünne Zeltdecke zucken sehen.


Geraldton ist die größte Stadt zwischen Darwin und Perth und wir haben seit gefühlten Ewigkeiten keine Street Art, Sushi-Restaurants oder Bauernmärkte mehr gesehen. Den so genannten „Farmers‘ Market“ im Maitland Park hätten wir fast übersehen, da er aus nur drei Ständen besteht. Bei der netten Farmerin Carol decken wir uns mit Gemüse und Honig ein. Auf dem Railway Market kaufen wir frisch gebackenes Sauerteigbrot - eine Rarität in Australien, wo es im Supermarkt fast ausschließlich Toastbrot gibt. Beim Multi-Kulti „Festival of Lights“ werden indische Tänze aufgeführt und Leckerbissen aus aller Welt angeboten. Ob die lustig kostümierten Rollschuhfahrer an der Uferpromenade auch dazu gehört haben?


Ansonsten dreht sich in Geraldton alles ums Meer. Von der Esplanade aus beobachten wir Seelöwen, die auf den Klippen schlafen und sich Küsschen geben. Die aufwendig gestaltete Gedenkstätte für die HMAS Sydney II erinnert an das Kriegsschiff, das 1941 nach einem Gefecht mit der deutschen Komoran vor der australischen Westküste versank und dessen Wrack erst 2008 gefunden wurde. Als wir am Wochenende an der Küste entlang radeln, gehen die Einheimischen ihrem Lieblingswassersport nach: Segeln, Surfen, Stand up Paddling oder auch Rettungsschwimmen im Surf Live Saving Club.


Unser Tagesablauf richtet sich nach den Öffnungszeiten der Bib, wo es erfreulicherweise unlimitiertes kostenloses WLAN und Steckdosen gibt. Hier treiben wir den Reiseblog voran und Max arbeitet einige Stunden für Midas. Wieder gibt es Events für Jung und Alt: morgens die Krabbel-Sing-und-Tanz-Gruppe, nachmittags Bingo für Senioren und privater Nachhilfeunterricht für Schüler in Schuluniformen.


Der Geraldton Caravan Park ist schon etwas in die Jahre gekommen, aber dafür sind der japanische Inhaber Jason und der australische Verwalter Greg super nett. Beide sind schon viel in der Welt herum gekommen und haben vier bzw. sechs Kinder. Wir verbringen ganze zehn Nächte hier und bauen auf unserem riesigen Stellplatz seit langer Zeit mal wieder das Bodenzelt auf. Im Gemüsegarten dürfen wir leckere Tomaten und Kräuter für den eigenen Verzehr ernten und beim morgendlichen Yoga beobachten wir hoppelnde Häschen. Als wir abends spazieren gehen, kommen die Pferde der Nachbarkoppel an den Zaun, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Hier begegnen wir Susie aus der Nähe von Melbourne, die viel über Pferde weiß und uns Reisetipps für Lateinamerika gibt. Spontan bietet sie uns an, Weihnachten mit ihrer Familie zu verbringen und schneidet Max am Folgeabend die Haare. Abends lernen wir in der Campingküche die unterschiedlichsten Leute kennen: so ein Pärchen aus Kanada, das bereits seit zwei Jahren durch Asien und Australien reist und zwei Paare aus Leipzig, die gemeinsam in einem riesigen Wohnmobil unterwegs sind. Als wir mit drei jungen Backpackern aus Frankreich UNO spielen, korrigieren sie gegenseitig ihr Englisch und verursachen dadurch untereinander amüsante Verwirrung. Während wir eines Morgens frühstücken, fabriziert ein wild kreischender Junge im angrenzenden Swimming Pool einen Krach, als wäre eine ganze Schulklasse anwesend und macht manchmal Geräusche, als würde er gleich ertrinken. Sein Vater schaut gelangweilt zu. Abends telefonieren wir mit der Heimat, während wir über das Gelände des Caravan Parks spazieren. Woraufhin uns der Kanadier fragt: „Done with your business calls?“


Bevor wir weiterreisen, bringen wir unseren Paji in Schuss. Wir spritzen den roten Pindan-Staub aus der Kimberley-Region ab und Max macht einen Ölwechsel, wobei er vom stets gut gelaunten Greg unterstützt wird. Als wir uns bei ihm bedanken, meint er „Life‘s always great.”


Und hier noch ein paar weitere Impressionen:

vorheriger Artikel naechster Artikel