Pilbara – Bergbau, Road Trains und Quolls

Australien
Weißer Sand soweit das Auge reicht - der 80 Mile Beach macht seinem Namen alle Ehre. Süße Winzmöwen laufen über den Sand und exotische Muscheln sehen so aus, als wäre ein Seestern aus ihnen geschlüpft. Anfangs haben wir die Idylle ganz für uns allein. Cape Leveque hat unsere Angellust entfacht, zumal man in Western Australia für die meisten Gewässer keinerlei Angellizenz benötigt (für den Ozean grundsätzlich nicht). Am 80 Mile Beach testet Max unser frisch gekauftes, minimalistisches Angelequipment, aber die Versuche mit der Angelschnur sind bei Ebbe nicht von Erfolg gekrönt. Mal sehen, ob irgendwann noch ein Fisch anbeißt.


Auf der Indee Station gibt es neben einer Menge Rinder auch Pferde, rosa Papageien, Schlangen und ein Babykamel. Wir kommen gerade rechtzeitig zur Happy Hour an: um 17:30 Uhr treffen sich Eigentümer, Farmarbeiter und Campinggäste zu einer geselligen Runde Bier. Der Biologie-Student Mitch aus Victoria forscht über Zwergbeutelmarder („northern quoll“) und seine Forschungsgruppe hat ein paar Tage zuvor das erste Albino-Quoll überhaupt entdeckt. Eigentlich war mit der Presse eine Sperrfrist bis zum kommenden Dienstag vereinbart worden. Der Farmarbeiter Graham, der fast keine Zähne mehr, dafür aber ein riesiges Thunfisch-Tattoo am Unterschenkel hat, hat die Neuigkeit jedoch vorab schon mal in den sozialen Netzwerken verbreitet. Ein weiterer Graham reist mit seiner Frau seit 15 Jahren im Caravan durch Australien. Zweimal haben sie den Kontinent schon umrundet, meistens reisen sie jedoch mit den Jahreszeiten von Nord nach Süd und verbringen Weihnachten bei ihren Kindern in Perth. Dauerhaft auf Achse lebende Rentner wie sie bezeichnet man in Australien übrigens als „grey nomads“. Am nächsten Morgen inspizieren wir auf dem Farmgelände den Red Rock, der wie eine Miniaturausgabe des Uluru aussieht und auf dem wir Felszeichnungen der Aborigines finden.

Den ABC-Presseartikel zur Entdeckung des Albino-Quolls findet ihr hier.

Die Pilbara-Region lebt vom Bergbau. Von Eisenerzminen wie der Marandoo Mine tuckern kilometerlange Güterzüge in Richtung der Hafenstädte Port Hedland und Dampier. Hinzu kommen ellenlange Road Trains, die in Australien zur Versorgung entlegener Regionen oder wie hier zum Transport von Schüttgut dienen. Da es vielerorts kaum Verkehr gibt, warten Road Trains mit beeindruckenden Dimensionen auf - Zuglängen von bis zu 53 Metern und ein Gesamtgewicht von 132 Tonnen. Zum Vergleich: ein normaler Lkw ist maximal 19 Meter lang und ein Gigaliner 25 Meter. In Western Australia dürfen Road Trains mit 100 km/h unterwegs sein. Da wir dem Paji meistens nur 90 km/h zumuten, kommt es schon mal vor, dass uns ein Road Train überholt. Ein solches Überholmanöver dauert manchmal eine ganze Weile und ist nicht immer ungefährlich...


In der Bergbaustadt Tom Price begrüßen uns prächtig blühende Jacarandas und ein netter Park, dessen Spielplatz sich hervorragend zum morgendlichen Yoga eignet. Um uns 470 Kilometer Umweg über öffentliche Straßen zu ersparen, nehmen wir von hier aus die private Hamersley Iron Road, die dem Bergbauunternehmen Rio Tinto gehört. Die entsprechende Genehmigung haben wir im Visitor Center in Tom Price bekommen, indem wir uns ein 20-minütiges Video angesehen und eine Spende für die Royal Flying Doctors entrichtet haben. Das Video ist eine Art theoretisches Fahrsicherheitstraining und macht auf die Gefahren der Schotterstraße aufmerksam, die nur wenige Meter neben den Gleisen verläuft. Zum Beispiel, wie man sich bei Waldbränden verhalten soll und dass man Road Trains aufgrund der riesigen Staubwolken auf keinen Fall überholen sollte (auf die Idee wären wie vermutlich sowieso nicht gekommen). Die Straßenverhältnisse sind letztlich besser als erwartet, als wir neben den endlos langen Güterzügen an rosa Wildblumen und blauen Bergketten entlang fahren. Wir sehen auf den 180 Kilomtern nur ein Traveller-Fahrzeug und ein paar Pick-ups der Mitarbeiter von Rio Tinto.


In Dampier beobachten wir, wie das Eisenerz in riesige Frachtschiffe geladen wird. Auf der Burrup-Halbinsel erkunden wir im Murujuga Nationalpark die weltweit dichteste Ansammlung von Felszeichnungen der Aborigines. Die hohen Felsenhaufen sind wie ein Suchbild, in dem wir nach und nach die Gravuren entdecken. Das Flair ist allerdings nicht mit dem Kakadu Nationalpark vergleichbar, zumal sich auf der Halbinsel jede Menge Schwerindustrie befindet und gar nicht weit entfernt die riesige Flamme eines Gaskraftwerks in den Himmel flackert.


Die Miaree Rest Area erinnert an eine Oase und lädt zum Entspannen und Gitarre Spielen ein. Ungünstigerweise sind an dem Samstagabend gleich zwei Gruppen von Party People anwesend, die sich gegenseitig mit ihrer Musik zu übertönen versuchen und auch sonst die ganze Nacht hindurch jede Menge Lärm veranstalten. Seitdem haben wir im Dachzelt immer Oropax greifbar. Dave bringt es ein paar Wochen später auf den Punkt: „Free camps also attract the wrong people“.


Was hat uns eigentlich in diese Gegend verschlagen? Zwei eindrucksvolle Nationalparks, von denen wir in den nächsten Artikeln berichten werden.


Und hier noch ein paar weitere Impressionen:

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