Roadtrip nach Western Australia - von Katherine nach Kununurra

Australien
So hatten wir uns die Premiere des Campings mit unserem lang ersehnten Dachzelt nicht vorgestellt. In der Abenddämmerung erreichen wir den uns empfohlenen Pub namens Grove Hill Hotel mit angegliedertem Campingplatz, der gerade schon schließt (um 19 Uhr). Eigentlich hatten wir auf ein Abendessen gehofft. Auf dem Gelände, das an einen Schrottplatz erinnert, herrscht eine seltsame Atmosphäre. Abgesehen von ein paar Dauercampern, einem aufgedrehten, frei herumlaufenden Hund und ein paar Moskitos sind wir allein. Immerhin ist das Mondlicht hell wie ein Scheinwerfer, sodass wir das Zelt nicht in völliger Dunkelheit aufbauen müssen. Nachts rattern unweit ein paar kilometerlange Güterzüge vorbei. Am nächsten Tag inspizieren wir das Gelände, das ein Relikt der Goldgräberzeit im 19. Jahrhundert der Gegend ist und bei Tageslicht tatsächlich Museumscharakter hat. Unter einem Mangobaum finden wir ein paar Mangos, die wir später auf dem Picknickgelände der herrlich erfrischenden Edith Falls in einen leckeren Smoothie verwandeln.


Ein Boot bringt uns zum Startpunkt unserer Kanutour durch die Katherine Gorge. Durch die Schlucht aus rotem Sandstein paddeln wir vorbei an kleinen Sandstränden, von denen einige den hier lebenden Süßwasserkrokrodilen als Brutstellen dienen. Ein Exemplar bekommen wir sogar zu Gesicht. Schwimmen kann man hier trotzdem, da sich das australische Süßwasserkrokodil von Insekten und kleinen Fischen ernährt und in der Regel nicht aggressiv ist – solange man den Tieren und ihren Brutstellen nicht zu nahe kommt. Die Kombination aus Kanu-Boot und Kajak-Paddeln ist zwar rangiertechnisch nicht ideal und das Schleppen des Kanus über einen längeren Naturdamm recht anstrengend, dafür ist das Schwimmen im kühlen Wasser die reinste Wohltat.


Ein paar Stunden später lassen wir uns von der Strömung gemächlich durch einen verwunschenen Unterwasser-Hexenwald mit verwucherten Baumstämmen und Schlingpflanzen treiben, dessen Wasser glasklar und von strahlend blauer Farbe ist – und angenehme 34 Grad warm. Wir schnorcheln durch die palmenumstandenen Bitter Springs, die genau genommen gar keine Thermalquelle sind, da das Grundwasser hier einfach sehr warm ist. Die nahe gelegenen Mataranka Hot Springs sind nicht ganz so malerisch, da die Wasserbecken hier in Beton eingefasst sind. Dafür wimmelt es hier von tausenden roten Flughunden, deren Flügel sich beim Vorbeiflattern fast transparent gegen das Sonnenlicht abzeichnen. Bemerkenswert Traveller-freundlich sind die stylischen Sanitärkomplexe mit gratis Duschen.


In Mataranka übernachten wir auf dem Bauernhof einer Familie, die ein paar Rinder, Hühner und Schweine halten. Morgens backen die herzlichen Inhaber im Hof frische Johnnycakes, die wie eine Mischung aus Scones und Berliner schmecken. Der Sirup auf unseren Johnnycakes scheint allerdings Ameisen als Protein-Beilage enthalten zu haben, wie anschließend unsere Mitcamper feststellen. Naja, dafür hatte Anna die Gelegenheit, eine züngelnde Children’s Python auf der Hand zu halten. Für die australischen Kinder scheint es cool aber nicht außergewöhnlich zu sein, Schlangen in der Hand zu halten.


Am Victoria River Crossing bauen wir erstmals unsere mobile Wohnung komplett auf, wobei Markise und Picknickdecke samt Moskitonetz und Lichterkette für Wohnzimmer-Wohlfühl-Ambiente sorgen. Unsere Fliegennetze schützen zumindest unsere Gesichter am nächsten Morgen gegen die Schwärme nerviger Fliegen. Als wir im Schatten der Markise sitzen, hebt diese durch eine Sturmböe plötzlich ab und fliegt aufs Dach. Seit dem machen wir auch von den Heringen Gebrauch, um die Markise im Boden zu fixieren.


Auf nach Western Australia! Am Quarantäne-Checkpoint müssen wir sämtliches Obst, Gemüse, Nüsse und Honig vorzeigen. Hintergrund ist, dass im abgelegenen Western Australia verschiedene Pflanzenkrankheiten noch nicht vorkommen und die Region stark von der Landwirtschaft abhängig ist. Da wir von Reisenden gehört haben, dass man hier sehr streng ist, haben wir fast alles aufgebraucht und noch morgens jede Menge Chiasamen zu einem gigantischen Chiapudding verarbeitet. Der Kontrolleur ist dann aber überraschend locker und lässt uns sogar mit den restlichen Walnüssen passieren. Erst abends stellen wir zufällig fest, dass hier eine andere Zeit gilt: es ist 1,5 Stunden früher als in Darwin. Sprich Sonnenauf- und -untergang sind jetzt nicht mehr gegen 6:45 Uhr, sondern gegen 05:15 Uhr, was unseren am Tageslicht orientierten Campingrhythmus ein gutes Stück nach vorne verschiebt, zumindest der Uhrzeit nach. So stehen wir hier vor 5 Uhr auf, um die verhältnismäßig kühlen Morgenstunden zu nutzen, und sind damit nicht die einzigen.


Knapp 40 Grad zeigt das Thermometer in Kununurra, einer überwiegend von indigener Bevölkerung bewohnten Stadt. Zum Bloggen flüchten wir an Orte mit Klimaanlage und WLAN, wobei vor allem letzteres in entlegenen Regionen gar nicht so leicht zu finden ist. So ist das Datenvolumen in der örtlichen Bibliothek nach wenigen Minuten aufgebraucht. Dafür kommen wir hier in den Genuss, einer Kindersinggruppe zu lauschen, die zur Melodie von Frère Jacques eine Reise durch die australische Tierwelt mit Barramundis, Kakadus, Koalas und Kängurus unternimmt. Kommt in den Bibs hier öfters vor. Im Mango Garden Café gibt‘s WLAN und wir schlürfen leckeren, von working Travellern servierten Kaffee - Mocca Frappé und Cappucino Crème Brûlée –, allerdings schließt es schon um 15 Uhr. Da das WLAN im Café von der Westpac-Bankfiliale von nebenan gesponsort wird, laden wir auf dem Parkplatz noch einen Blogartikel hoch. Als es uns hier zu ungemütlich wird, geht es wieder in die Bib, wo wir uns mit einem Hotspot übers Smartphone behelfen. Hier werden wir nicht zum ersten Mal mit der Heiligkeit des australischen Feierabends konfrontiert: Die Bibliothek schließt um 17:30 Uhr. Entsprechend wird um 17:00 Uhr eine Durchsage gemacht, werden um 17:15 Uhr die Toiletten abgeschlossen, damit sich hier niemand versteckt, und wir um 17:23 Uhr vorsorglich herausgekehrt. Am nächsten Tag testen wir eine neue Location und werden positiv überrascht: Das Visitor Center bietet ein angenehm temperiertes Klima, da weder unter 18 Grad (wie vielerorts drinnen) noch über 38 Grad (wie draußen), WLAN und dazu darf man hier umgeben von herzlichem Personal ein paar Stündchen am Laptop arbeiten. Thank you Kununurra!


Und hier noch ein paar weitere Impressionen:

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