Unter riesigen Eukalyptusbäumen, zwischen denen bunte Papageien und scheinbar winzige Vögel umherfliegen, errichten wir auf dem Karri Gully Campingplatz unser Lager. Wir sind ganz allein, nur die noch warme Asche im Lagerfeuer zeugt davon, dass hier vor kurzem noch jemand gecampt hat. Als es dunkel wird, sitzen wir am Lagerfeuer, genießen die Natur und Anna spielt Gitarre. Am nächsten Morgen wandern wir ein Stück auf dem Bibbulmun Track, der direkt am Camp vorbeiführt und in 1000 Kilometern von Perth bis nach Albany an der Südküste führt. Der Eukalyptuswald ändert sein Erscheinungsbild alle zehn Minuten und lässt viel Licht für Farne, Sträucher und Wildblumen. Wir sehen erstmals ein Goanna am Wegesrand, das überraschenderweise gar nicht scheu ist.

Scheu ist dagegen die Schwarze Tigerotter, die am Big Brook Arboretum nur anderthalb Meter neben uns im Unterholz verschwindet. Zum Glück ist gerade keine Paarungszeit ist, denn dann verfolgen einen die Schlangen, die für viele tödliche Schlangenbisse in Australien verantwortlich sind, wie wir abends von Dave erfahren. Und im Gegensatz zu Schlangentöter Jason haben wir keine Erfahrung im Kampf mit Giftschlangen - und sind auch nicht scharf darauf. Der 90 Kilometer lange Rundfahrweg des Karri Forest Explorers schlängelt sich durch die Eukalyptuswälder rund um Pemberton und führt uns vorbei an Selbstbedienungsständen mit frischen Avocados, Zitrusfrüchten und Marmeladen zum Big Brook Stausee, den Cascades und den Beedelup Falls. In dem Waldstück Giblet dokumentieren Tagebucheinträge, wie eine Gruppe von Hippies 1997 den Wald vor der Abholzung rettete.

Die Fahrt über den unbefestigten Heartbreak Trail erinnert uns an eine Achterbahnfahrt – steil hoch, wieder runter, scharf rechts, dann links – und eröffnet tolle Blicks auf den Fluss im Tal zwischen den hohen Bäumen hindurch. Auf dem Draftys Campingplatz lernen wir den sympathischen Dave kennen, der hier als Freiwilliger tätig ist. Vor Wissen sprudelnd klärt er uns über die enorme Waldbrandgefahr in den Eukalyptuswäldern auf. Auf den 70 Meter hohen Eukalyptusbäumen züngeln bei einem Brand bis zu 30 Meter hohe Flammen, die sich in wahnsinnigem Tempo ausbreiten. Da Dave hier ist, dürfen wir trotzdem ein kleines Lagerfeuer machen. Von ihm erfahren wir auch den Namen der neugierigen blaugefiederten Vögel, deren Rufe wie eine hysterisch lachende Affenbande klingen: Kookaburra. Dave empfiehlt uns idyllische Spots an der Südküste, wo er während des Sommers als Camp Host aktiv ist, und zeigt uns Fotos von den Campinggästen, die er zu sammeln scheint wie andere Briefmarken. Zum Abschied bekommt er noch ein Foto von uns mit dem Paji, dessen Markise wir laut ihm eigentlich auf der anderen Seite hätten montieren müssen von wegen Gegenverkehr. Ups … Naja, bisher hat uns die Polizei immer nur nett gegrüßt.
Link zum Kookaburra-Gelächter
Über Nacht hat es geregnet und nach mehreren Monaten ist das Dachzelt erstmals nass geworden. Der Karri Forest Explorer führt uns zu zwei Kletterbäumen: der 68 Meter hohe Gloucester Tree diente lange als Aussichtspunkte, um ein Waldbrände frühzeitig zu erkennen, und wurde dazu in den 1930er Jahren mit Stahlstreben gespickt. Heute kann hier jeder hinaufsteigen, der sich dies ohne Sicherung zutraut. David zufolge kam dabei noch nie jemand zu Schaden, wenn man von zwei Herzinfarkten absieht, die glimpflich ausgingen. Da die Stahlstreben noch regennass und rutschig sind, begnügen wir uns mit ca. 15 Metern Höhe auf dem 75 Meter hohen Dave Evans Bicentannial Tree. Schade, die Aussicht hätten wir gerne genossen. Nieselregen und kühler Wind treiben uns ins Top Deck Café in Walpole, wo es leckere Scones und Blueberry Cheesecake gibt. Nach knapp vier Monaten Sonne können wir den ersten verregneten Tag auf unserem Road Trip verschmerzen.

Der Blick über das Valley of the Giants mit Wäldern, Weinbergen und Olivenhainen erinnert uns an die Toskana. Zwischen verschiedenen Arten von Eukalyptusbäumen, Miniorchideen und messerscharfem Silberhaargras schlängelt sich der Ancient Empire Walk hindurch. Der Stamm vieler der Red Tingle Trees ist durch Waldbrände unten hohl und dient einer Gruppe von Asiaten in Harry-Potter-Outfits als Kulisse für ihr Fotoshooting. Schließlich führt uns der Tree Top Walk 40 Meter hinauf in die Wipfel der Eukalyptusriesen, wo sich uns eine ganz neue Perspektive auf den Wald eröffnet. Die Eisenkonstruktionen schwanken spürbar und wir beobachten winzige grüne Vögel in den Baumkronen, die wie Karriblätter aussehen, als es wieder zu nieseln beginnt.

Und hier noch ein paar weitere Impressionen: